Mit Wirkung per 1. Januar 2017 sind gleich mehrere praktisch relevante Bestimmungen des Scheidungsrechts in Kraft getreten, deren Inhalt nachfolgend kurz erläutert werden soll.
Dazu zählen vorab die Art. 122 – 124e ZGB, welche die Aufteilung der Vorsorgeguthaben der Ehegatten im Scheidungsfall regeln. Nach bisherigem Recht wurde das während der Ehe erwirtschaftete Pensionskassenguthaben der Ehegatten im Scheidungsfall hälftig geteilt. An diesem Grundsatz wird auch unter der Geltung der neuen Bestimmungen festgehalten. Er wird sogar noch verstärkt. Denn sofern ein sogenannter Vorsorgefall (Alter oder Invalidität) vor der Scheidung eingetreten war, konnte nach altem Recht eine Teilung des Pensionskassenguthabens nicht vorgenommen werden. Stattdessen wurde diesfalls eine „angemessene Entschädigung“ aus dem übrigen Vermögen des leistungspflichtigen Ehegatten entrichtet. War kein solches vorhanden, so wurde dem leistungsberechtigten Ehegatten lediglich eine Rente zugesprochen, welche mittels der Alters- oder Invalidenrente des verpflichteten Ehegatten finanziert wurde. Der Nachteil dessen lag darin, dass im Fall des Todes des leistungspflichtigen Ehegatten der leistungsberechtigte, geschiedene Gatte (häufig die Ehefrau) leer ausging bzw. sich mit einer tieferen Hinterlassenenrente begnügen musste. Eine hälftige Teilung des während der Ehe erwirtschafteten Vorsorgeguthabens kam insofern nicht zustande.

Das neue Recht schafft diesbezüglich Abhilfe. Es unterscheidet dabei zwei Fälle: Bezieht ein Ehegatte im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens eine Invalidenrente nach dem reglementarischen Rentenalter oder eine Altersrente, so wird die Rente nach gerichtlichem Ermessen geteilt (Art. 124a Abs. 1 ZGB). Der dem berechtigten Ehegatten zugesprochene Rentenanteil wird diesem lebenslänglich von der Vorsorgeeinrichtung des verpflichteten Ehegatten ausgerichtet (Art. 124a Abs. 2 ZGB). Bezieht demgegenüber ein Ehegatte im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens eine Invalidenrente ohne jedoch das AHV-Alter erreicht zu haben, so wird die hypothetische Austrittsleistung geteilt, auf welche der leistungsberechtigte Ehegatte Anspruch hätte, wenn die Invalidität des anderen entfallen würde (Art. 124 Abs. 1 ZGB).

Die Gesetzesrevision erlaubt schliesslich, dass eine Rente, welche nach bisherigem Recht bei einer Scheidung nach Eintritt eines Vorsorgefalls im Sinne einer angemessenen Entschädi-gung zugesprochen wurde, in eine lebenslängliche Rente umgewandelt wird, welche dem berechtigten, geschiedenen Ehegatten von der Vorsorgeeinrichtung des Verpflichteten überwiesen wird. Erforderlich ist dabei, dass bis zum 31.12.2017 ein Gesuch um eine entsprechende Umwandlung beim zuständigen Gericht eingereicht wird und dass dies zu Lebzeiten des ver-pflichteten, geschiedenen Ehegatten erfolgt.

Nebst dem Erwähnten bieten die neuen Gesetzesbestimmungen den scheidungswilligen Ehegatten mehr Raum, um eine auf ihre Bedürfnisse besser zugeschnittene Lösung zu treffen als diejenige der hälftigen Teilung. Vorausgesetzt wird dabei, dass eine angemessene Alters- und Invalidenvorsorge gewährleistet bleibt (Art. 124b Abs. 1 ZGB). Entsprechend ist eine solche Vereinbarung in jedem Fall vom Gericht zu genehmigen. Bei Vorliegen wichtiger Gründe kann das Gericht schliesslich auch entgegen dem Willen eines Ehegatten von einer hälftigen Teilung der Austrittsleistungen der zweiten Säule absehen (Art. 124b Abs. 2 ZGB). Ein wichtiger Grund liegt bspw. vor, wenn aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung oder der wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Scheidung eine hälftige Teilung unbillig wäre. Dies kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Ehefrau als Angestellte arbeitet, über ein bescheidenes Einkommen und eine 2. Säule verfügt, während der Ehemann als erfolgreicher Unternehmer zwar über keine 2. Säule verfügt, wirtschaftlich allerdings viel besser dasteht. Gleiches gilt gemäss Bun-desgericht, wenn die Ehefrau bereits arbeitstätig ist und dem Ehemann ein Studium finanziert, das ihm später ein hohes Einkommen und den Aufbau einer besseren Vorsorge ermöglichen wird.

Dem berechtigten Ehegatten, der nach der Scheidung die gemeinsamen Kinder betreut, kann sodann auch mehr als die Hälfte der Austrittsleistungen zugesprochen werden, sofern dem verpflichteten Ehegatten (in der Regel dem Ehemann) eine angemessene Vorsorge verbleibt. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der berechtigte Ehegatte aufgrund der Kinderbetreuung nach der Scheidung gehindert ist, eine volle Erwerbstätigkeit aufzunehmen und deshalb nur eine unzureichende Vorsorge bilden kann. Nach bisherigem Recht wurde dieser Umstand durch die Zusprechung eines wenig griffigen «Vorsorgeunterhalts» vom laufenden Einkommen des verpflichteten Ehegatten berücksichtigt. Der Vorteil der neuen Regelung besteht darin, dass die zugesprochenen Mittel an den Zweck der Altersvorsorge gekoppelt sind und entsprechend auch weiterhin zu entrichtet sind, sollte sich das laufende Einkommen des verpflichteten Ehegatten reduzieren.

Schliesslich wurde durch die Revision auch der Stichtag für die Berechnung der während der Ehe erwirtschafteten Vorsorgeguthaben geändert. Neu ist der Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens massgebend. Nach altem Recht war dies der Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils. Durch die neue Regelung soll der Gefahr begegnet werden, dass ein Scheidungsverfahren von einem Ehegatten absichtlich in die Länge gezogen wird, um von umfangreicheren Vorsorgeleistungen des anderen zu profitieren.

 

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Autor: Darko Radovic / 24. Feb. 2017, 15:14