Das Coronavirus breitet sich zunehmend aus und löste einen Sicherheits-Hype aus, so dass z.B. in Teilen Chinas staatlicherseits Zwangsferien angeordnet wurden. Können staatliche Behörden in der Schweiz bei einer Ausbreitung einer Epidemie Zwangsferien anordnen oder Veranstaltungen absagen? Wer haftet für die wirtschaftlichen Schäden?

Das Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG SR 818.101) unterscheidet zwischen Massnahmen gegenüber Einzelpersonen sowie gegenüber der Bevölkerung und bestimmter Personengruppen bis hin zu Massnahmen gegenüber dem internationalen Personenverkehr. Die Schweizer Behörden können gem. Art. 31 ff. EpG gegenüber Einzelpersonen Massnahmen wie z.B. Identifizierung-/ Benachrichtigungspflichten, medizinische Überwachung, regelmässige ärztliche Untersuchungen oder Isolierung im Spital zur Bekämpfung von Epidemien anordnen. Im internationalen Personenverkehr können nach Massgabe von Art. 41 ff., 35 EpG z.B. die Absonderung und Quarantäne von Verdachtsfällen angeordnet werden. Um die Verbreitung übertragbarer Krankheiten in der Bevölkerung oder in bestimmten Personengruppen zu verhindern, sieht das Epidemiengesetz in Art. 40 entsprechende Massnahmen vor. Diese Massnahmen sind in Situationen notwendig, die ein hohes Potential der Gesundheitsgefährdung bergen. Eine solche besondere Situation liegt vor, wenn die ordentlichen Vollzugsorgane nicht in der Lage sind, den Ausbruch und die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhüten und zu bekämpfen, und eine der folgenden Gefahren besteht: eine erhöhte Ansteckungs- und Ausbreitungsgefahr, eine besondere Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirtschaft oder auf andere Lebensbereiche. Eine besondere Situation liegt auch vor, wenn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausruft und durch diese in der Schweiz eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit droht (vgl. Art. 6 EpG). Handelt es sich um eine solche besondere Lage, m.a.W. um einen sog. Extremfall, kann der Staat – d.h. die zuständige kantonale Behörde – einem Veranstalter gemäss Art. 40 Abs. 2 lit. a EpG verbieten, eine konkrete Veranstaltung durchzuführen. Ebenfalls kann der Staat private Unternehmen, Schulen oder andere öffentliche Institutionen schliessen (sog. Zwangsferien) oder mit Auflagen belegen. Diese Massnahmen gegenüber der Bevölkerung und bestimmten Personengruppen dürfen nur angeordnet werden, wenn dadurch die Verbreitung der übertragbaren Krankheit verhindert werden kann. Die Massnahme darf nur solange wie notwendig dauern und ist regelmässig zu prüfen. Ziel der Massnahme ist insbesondere die Verhütung und Bekämpfung der übertragbaren gefährlichen Krankheit.

Das Epidemiengesetz sieht eine Entschädigung durch den Staat nur dann vor, wenn Massnahmen gegenüber Einzelpersonen oder im Rahmen des internationalen Personenverkehrs angeordnet werden, Art. 63 EpG i.V.m. Art. 33-38 EpG oder Art. 41 Abs. 3 EpG. Bei staatlichen Massnahmen gegen die Bevölkerung oder bestimmte Personengruppen nach Art. 40 EpG sieht das Epidemiengesetz keine spezifische Entschädigungspflicht der Behörden für dadurch entstandene Schäden vor. Betroffene, private wie auch juristische Personen, die von einer solchen Massnahme (z.B. Zwangsferien oder Absage einer Veranstaltung) betroffen sind, können allerdings beim Staat nach Massgabe der Voraussetzungen über die Staatshaftung (gemäss Art. 146 BV i.V.m. Art. 3 ff. Verantwortlichkeitsgesetzt, VG). Schadenersatz verlangen.

 

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Autorin: Dominique Roggo /  4. Feb. 2020, 17:54