Eine nebst vielen anderen per 1. Januar 2017 in Kraft getretene Gesetzesrevision des Familienrechts bezweckt die Gleichstellung von Kindern unverheirateter Eltern gegenüber denjenigen von geschiedenen Eltern. Nach bisherigem Recht hatte der Ehegatte, der nach einer Scheidung die Kinder betreut, gemäss Art. 125 Abs. 2 Ziff. 6 ZGB Anspruch auf einen angemessenen Unterhaltsbeitrag, um seinen durch die Kinderbetreuung entstehenden Einkommensverlust auszugleichen. Im Unterschied dazu bestand bis anhin für einen unverheirateten Elternteil im Fall einer Trennung keine gesetzliche Grundlage für die Zusprechung von entsprechenden Unterhaltsbeiträgen; er musste mithin selber für seinen Unterhalt aufkommen. Neu bestimmt Art. 285 Abs. 2 ZGB, dass der Unterhaltsbeitrag an das Kind auch der Gewährleistung der Betreuung des Kin-des durch die Eltern oder durch Dritte dienen soll. Die Sicherstellung der Betreuung des Kindes umfasst dabei nicht nur die eigentliche Leistung der Betreuung in natura, sondern auch die beim betreuenden Elternteil durch die Betreuung entstehenden finanziellen Auswirkungen (d.h. den sogenannten Betreuungsunterhalt).
Die Frage wie der Betreuungsunterhalt konkret berechnet werden soll, wird vom Gesetzgeber offen gelassen. Die Botschaft äussert sich dahingehend, dass der Betreuungsunterhalt die Lebenshaltungskosten des betreuenden Elternteils umfassen soll, soweit dieser aufgrund der Kinderbetreuung nicht selber dafür aufkommen kann. Damit ist gesagt, dass der Betreuungsunterhalt nur dann geschuldet ist, wenn die Betreuung während einer Zeit erfolgt, in der dem betreuenden Elternteil die Ausübung einer Erwerbstätigkeit möglich wäre. Eine Kinderbetreuung an Abenden oder an Wochenenden soll folglich in der Regel keinen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach sich ziehen.3 Als sicher erscheint auch unter der Geltung des neuen Rechts, dass dem unterhaltsverpflichteten Elternteil mindestens sein Existenzminium belassen werden soll. Lebt demgegenüber der unterhaltsverpflichtete Elternteil in guten bis sehr guten finanziellen Verhältnissen, so soll der das gemeinsame Kind Betreuende nicht „über den Umweg“ des Betreuungsunterhalts daran teilhaben können. Denn der Betreuungsunterhalt gilt nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht als Anspruch der Mutter, sondern als Anspruch des Kindes, welcher an den betreuenden Elternteil entrichtet wird.
Hinsichtlich der Frage nach der Dauer des Betreuungsunterhalts betont die Botschaft die Würdigung der Umstände des Einzelfalles. Zwar sei die Dauer des Betreuungsunterhalts abhängig von der Zumutbarkeit der Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils. Daran anknüpfend wird die bundesgerichtliche Regel in Erinnerung gerufen, wonach die Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit nicht zumutbar erscheint solange das jüngste Kind das 16. Altersjahr vollendet bzw. die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung (30-50%) solange das jüngste Kind nicht zehn-jährig ist. Doch soll gemäss Botschaft mit Blick auf das Kindeswohl von diesen Regeln im Einzelfall abgewichen werden können.
Schliesslich stellt sich in der Praxis die Frage, was der Unterhaltsverpflichtete (in der Regel der Vater) unternehmen kann, um sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt zu wehren. Nebst der Bestreitung der konkreten Lebensunterhaltskosten der Kindsmutter kann dem Gericht auch die „alternierende Obhut“ beantragt werden, d.h. eine Obhutsregelung, in welcher beide Elternteile abwechslungsweise die Kinderbetreuung zu ungefähr gleichen Teilen übernehmen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesgericht in zwei neuerdings ergangenen Entscheiden erstmals griffige Kriterien definiert, welche die Zusprechung der alternierenden Obhut rechtfertigen. Erforderlich ist laut Bundesgericht vorab, dass beide Eltern erziehungsfähig sind. Weiter erfordert die alternierende Obhut organisatorische Massnahmen und gegenseitige Information und setzt insofern voraus, dass die Eltern willens sind, miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren. Weitere Kriterien sind die Distanz zwischen den beiden Wohnorten der Eltern sowie die Möglichkeit der Eltern, das Kind persönlich zu betreuen. Schliesslich ist auch das Alter des Kindes sowie seine Einbettung in ein weiteres soziales Umfeld von Bedeutung.
Die gesetzgeberische Regelung des Betreuungsunterhalts ist dem Grundsatz nach zu begrüssen. Jedoch bleibt Vieles offen bzw. abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalles. Den Gerichten wird insofern ein grosser Ermessensspielraum belassen.
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Autor: Darko Radovic / 12. Mai 2017, 15:09