Das Wasserkraftwerk Hammer in Cham sollte saniert werden. Fraglich war, ob es vollständig saniert werden müsse oder nur bis zur Entschädigungsgrenze saniert werden dürfe (Art. 80 Abs. 1 GSchG). Eine nur teilweise Sanierung hätte nicht ausgereicht, um u.a. die heute geltenden Restwassermengen und weitere Umwelt- und Gewässerschutzvorschriften zu gewährleisten. Die zuständigen kantonalen Stellen hatten die entsprechenden Bewilligungen an die Eigentümerin des Wasserkraftwerks Hammer für eine Sanierung bis zu Entschädigungsgrenze erteilt. In Art. 31 GSchG werden die Mindestwassermengen für Wasserentnahmen aus Fliessgewässern festgelegt und Art. 80 Abs. 1 GSchG führt aus, dass eine Sanierung bei durch Wasserentnahmen beeinträchtigten Fliessgewässern nur soweit erfolgen darf, wie dies ohne einen entschädigungsbegründenden Eingriff in bestehende Wassernutzungsrechte möglich ist. Diese Regelung bezieht sich auf jene Konzessionen und Nutzungsrechte, die ein sog. «wohlerworbenes Recht» auf Nutzung des betreffenden Gewässers begründen. In ein solches einmal von staatlicher Seite verliehenes Nutzungsrecht kann nur insoweit eingegriffen werden, als Gründe des Gemeinwohls vorliegen und der Eigentümer des Rechts eine volle staatliche Entschädigung erhält. Art. 80 Abs. 2 GSchG begrenzt die dem Eigentümer eines bestehenden Wasserrechts aufzuerlegenden Sanierungsmassnahmen dann, wenn das Gemeinwesen entschädigungspflichtig würde.

Die Eigentümerin des Wasserkraftwerks Hammer verfügte über ein althergebrachtes, zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht an der Wasserkraft der Lorze. Dieses Recht wurde im Jahr 1967 nochmals gegenüber der Rechtsvorgängerin der heutigen Eigentümerin von staatlicher Seite durch Verfügung bestätigt und als Personalservitut im Grundbuch eingetragen. Fraglich war nun, ob dieses Wasserrecht ein sog. ehehaftes Recht sei, d.h. ein «wohlerworbenes Recht», in dessen Bestand nur gegen Entschädigung eingegriffen werden darf. Ehehafte Wasserrechte sind Privatrechte, die in früheren Rechtsordnungen begründet wurden, nach neuem Recht jedoch nicht mehr gewährt würden, aber dennoch in der neuen Rechtsordnung (zumeist dann neu dem öffentlichen Recht zugehörend) weiterbestehen.

Dagegen wehrte sich WWF Schweiz mit der Begründung, durch eine Teilsanierung des Wasserkraftwerks Hammer seien die festgelegte Restwassermenge zu tief und die vorgesehenen Fischwanderhilfen ungenügend. Ferner seien die alten ehehaften Nutzungsreche in ein befristetes Konzessionsverhältnis nach heutigem Recht umzuwandeln. Der Schutz althergebrachter ehehafter Wasserrechte dürfe nicht weitergehen, als bei anderen Eigentumsrechten, für welche das Gesetz bei Erwägungen des öffentlichen Interesses eine entschädigungslose Modifizierung vorsehe.

Im vorliegenden Fall hatte das Bundesgericht zu prüfen, ob ein wohlerworbenes Recht vorliegt, welches unter die Regelung von Art. 80 Abs. 1 GSchG fallen würde und das Wasserkraftwerk Hammer somit nur bis zur Entschädigungsgrenze zu einer Sanierung verpflichtet werden kann. Das Bundesgericht gelangte zur Auffassung, dass ein Sondernutzungsrecht an einem öffentlichen Gewässer vorliege. Der Schutz dieses Sondernutzungsrechts beziehe sich (wie bei den erst später eingeführten Konzessionen) vor allem auf den Investitionsschutz. Der Investitionsschutz rechtfertige jedoch die Aufrechterhaltung solch alter Nutzungsrechte nur solange, bis die getätigte Investition (z.B. Errichtung eines Wasserwerks) sich amortisiert habe, was spätestens nach Ablauf von 80 Jahren der Fall sei. Sondernutzungskonzessionen ohne zeitliche Begrenzung sind nach heutigem Recht verfassungswidrig. Das Gemeinwesen müsse von Zeit zu Zeit überprüfen können, ob die Nutzung noch mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist. Altrechtliche Konzessionen ohne zeitliche Begrenzung seien deshalb nachträglich zu befristen bzw. können nach Gewährung einer Übergangsfrist entschädigungslos aufgelöst werden. Es bestehe bei den ehehaften Wasserrechten die gleiche Interessenlage wie bei altrechtlich unbefristeten Konzessionen. Ein über den Investitionsschutz hinausgehender verfassungsrechtlicher Schutz lasse sich bei ehehaften Wasserrechten nicht rechtfertigen. Deshalb seien auch die ehehaften Wasserrechte nach 80 Jahren den heute geltenden Vorschriften entschädigungslos zu unterstellen. Sofern der Eigentümer die Wassernutzung weiter betreiben möchte, bedürfe es einer Konzession gemäss heutigem Recht und es seien die heute geltenden Vorschriften des Umwelt- und Gewässerschutzrechts einzuhalten. Die Anpassung des Nutzungsrechts an heutiges Recht habe bei «erster Gelegenheit» zu erfolgen. Bau- und Ausnahmebewilligungen dürfen nach Ansicht des Bundesgerichts erst dann erteilt werden, wenn eine Konzession nach neuem Recht gewährt wurde. Für das Wasserkraftwerk Hammer bedeutet dies, dass die Sache zur Neubeurteilung an den Regierungsrat Zug zurückgewiesen wurde und dieser nun zu klären hat, ob das althergebrachte Wasserrecht in eine Konzession nach neuem Recht umzuwandeln sei.

Derzeit sind noch weitere drei Fälle des WWF beim Verwaltungsgericht Zug hängig. Auch sie richten sich gegen Wasserkraftwerke an der Lorze, die ehehafte Rechte geltend machen. Das nun vorliegende Urteil des Bundesgerichts dürfte somit richtungsweisend für die hängigen Fälle sein.

 

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Quelle: BGer 1C_631/2017 v. 29. März 2019

Autorin: Cornelia Arnold / 20. Mai 2019, 12:24