Im Rahmen der Reform der Ergänzungsleistungen (EL), welche am 01.01.2021 in Kraft trat, wurde auch eine Ergänzung am Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) vorgenommen. Bei der Beratung im Parlament bestand grosse Übereinstimmung, dass der Anspruch auf eine Altersrente der beruflichen Vorsorge erheblich dazu beitragen kann, eine spätere Abhängigkeit von Leistungen der EL zu vermeiden. Aus dieser Überzeugung entstand die Regelung von Art. 47a BVG über die Weiterführung der beruflichen Vorsorge trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Ein wesentliches Ziel der beruflichen Vorsorge ist es, die Renten der AHV zu ergänzen, sodass der gewohnte Lebensstandard auch im Rentenalter möglichst weitergeführt werden kann. Die berufliche Vorsorge ist für die meisten Arbeitnehmer obligatorisch und mit dem Arbeitsverhältnis verbunden. Endet das Arbeitsverhältnis, scheidet der Arbeitnehmer aus der beruflichen Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers aus. Das bis zu diesem Zeitpunkt angesparte Guthaben (die Freizügigkeitsleistung) wird auf ein Freizügigkeitskonto lautend auf den Namen des Arbeitnehmers überwiesen. Mit Erreichen des Rentenalters wird schliesslich das Guthaben auf dem Freizügigkeitskonto, in der Regel in Kapitalform, an den Begünstigten ausbezahlt. Personen, die kurz vor Erreichen des Rentenalters ihre Stelle verlieren, haben nun neu gemäss Art. 47a BVG das Recht, ihre berufliche Vorsorge weiterzuführen und können sich so den Anspruch auf einen Rentenbezug erhalten.

  • Dieses Recht steht versicherten Personen zu, die nach Vollendung des 58. Altersjahres aus der obligatorischen Versicherung ausscheiden, weil ihr Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aufgelöst wurde (Abs. 1). Je nach Vorsorgeeinrichtung kann dieses Recht bereits ab dem vollendeten 55. Altersjahr bestehen (Abs. 7).
  • 47a BVG enthält keine Bestimmung innert welcher Frist sich ein ausscheidender Arbeitnehmer für eine Weiterführung der Vorsorge entscheiden muss. Diese Frage wird im jeweiligen Reglement der betroffenen Vorsorgeeinrichtung geregelt.
  • Ausgeschlossen sind hingegen Personen, die vor dem 31. 07.2020 aus ihrem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind oder – unabhängig vom Zeitpunkt – selber gekündigt haben.
  • Die Weiterführung der Versicherung erfolgt im bisherigen Umfang, d.h. die Konditionen der Vorsorge werden nicht wesentlich abgeändert. Der Versicherte ist gleichberechtigt wie die im gleichen Kollektiv aufgrund eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Versicherten (Abs. 5). Er kann weiterhin Einkäufe tätigen oder bereits getätigte Vorbezüge zurückbezahlen, wie Versicherte, die angestellt sind.
  • Je nach Vorsorgeeinrichtung, kann die versicherte Person für die gesamte Vorsorge oder nur für die Altersvorsorge einen tieferen als den bisherigen Lohn versichern (Abs. 7). Letzteres kann von grosser Bedeutung bei der Finanzierung sein. Werden grundsätzlich die Beträge der beruflichen Vorsorge durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam bestritten, so muss der nach Art. 47a BVG Versicherte die Beiträge für die Risiken Tod und Invalidität sowie für die Verwaltungskosten alleine finanzieren. Das Gleiche gilt auch bei der Bezahlung freiwilliger Sparbeiträge.
  • Nach einer mehr als zweijährigen Weiterführung der Versicherung sind die Versicherungsleistungen zwingend in Rentenform zu beziehen, d.h. eine Kapitalauszahlung ist dann nicht mehr möglich (Abs. 6). Ebenso kann in diesem Fall die Austrittsleistung nicht mehr für Wohneigentum vorbezogen oder verpfändet werden.

Es ist grundsätzlich an der Vorsorgeeinrichtung, den Arbeitnehmer als Versicherten auf alle gesetzlichen und reglementarischen Möglichkeiten hinzuweisen, wie der Vorsorgeschutz erhalten bleiben kann (Art. 8 Abs. 2 FZG). Dies umfasst auch die Information über Art. 47a BVG. Zusätzlich empfehlen wir dem Arbeitgeber den ausscheidenden älteren Arbeitnehmer aktiv auf diese Bestimmung hinzuweisen. Eine mögliche Pflicht des Arbeitgebers ergibt sich sowohl aus der Informationspflicht nach Art. 331 Abs. 4 OR als auch der – gerade bei den davon betroffenen älteren Arbeitnehmern – erhöhten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nach Art. 328 OR

Unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers sollte ein kurzes Informationsschreiben diesen bei seinem Austritt aus dem Arbeitsverhältnis über seine Rechte im Zusammenhang mit den Sozialversicherungen (BVG, UVG und KTG) aufklären (Art. 331 Abs. 4 OR). Neu empfehlen wir dem Arbeitgeber, dieses Informationsschreiben noch um die Rechte aus Art. 47a BVG zu ergänzen.

Haben Sie weitere Fragen? Das HütteLAW-Team berät Sie gerne.

 

Autor: Christian Bernegger / 18. Aug. 2021, 13:35