Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Erbrechts sind von grosser Bedeutung.  In der Schweiz wurden Stand 2020 Vermögenswerte von ca. 95 Milliarden vererbt.

Es ist somit nicht weiter erstaunlich, wenn das Thema rund ums Erben und Vererben in den vergangenen Jahren auf der politischen Agenda nach oben gerückt ist und damit auf der zivil- und steuerrechtlicher Ebene Gegenstand neuer Gesetze und Revisionsbestrebungen wurde.

Am 29. August 2018 veröffentlichte der Bundesrat die «Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Erbrecht)» sowie den entsprechenden Gesetzesentwurf. Die wichtigsten Neuerungsvorschläge waren die Reduktion der Pflichtteile, die Einführung eines Unterhaltsanspruchs für faktische Lebenspartner sowie der Verlust des Ehegattenpflichtteils im Scheidungsverfahren. Zur Verbesserung der Rechtssicherheit sollten zudem bisher umstrittene Fragen positiv-rechtlich geklärt werden, so u.a. die erbrechtliche Behandlung der ehevertraglichen Vorschlagszuweisung und der Leistungen aus der Säule 3a sowie die Frage der Objekte und der Reihenfolge der Herabsetzung.

Mit der parlamentarischen Schlussabstimmung vom 18. Dezember 2020 wurde der erste Teil der Erbrechtsreform verabschiedet. Sofern kein Referendum ergriffen wird, ist die Inkraftsetzung des neuen Rechts auf den 1. Januar 2023 geplant. Das neue Erbrecht bringt unter anderem eine Reduktion des Pflichtteiles und damit verbunden auch die Erhöhung der Verfügungsfreiheiten. Hier werden die diesbezüglichen massgebenden Änderungen kurz erläutert:

Anpassung der Pflichtteile und die damit verbundene Erhöhung der Verfügungsfreiheit

Es wird nur der Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen und die Höhe der Pflichtteilsquoten revidiert. Unberührt bleibt dabei der Kreis der gesetzlichen Erbteile. Die Eltern des Erblassers sind neu nicht mehr pflichtteilsgeschützt und der Pflichtteil der Nachkommen reduziert sich von ¾ auf ½ des gesetzlichen Erbteils. Der überlebende Ehegatte hat unverändert die Pflichtteilsquote von ½ des gesetzlichen Erbteils.

Diese Revision des Pflichtteilsrechts bringt mehr Planungsfreiheit auf zivilrechtlicher Ebene. Es gilt aber festzuhalten, dass die erbrechtliche Begünstigung auch in Zukunft weiterhin ausschliesslich vom entsprechenden und formgültig festgehaltenen Willen des Erblassers abhängt. Allerdings wird durch die grössere frei verfügbare Quote mehr Flexibilität geboten.

Ein wichtiger Punkt ist auch, dass bei Erbgängen nach Inkrafttreten des neuen Rechts ebenfalls letztwillige Verfügungen und Erbverträge nach Massgabe des neuen Rechts zur Abwicklung gelangen, welche vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechtes bestanden hatten, sofern zum Zeitpunkt der Errichtung noch nicht mit einer Reduktion der Pflichtteile zu rechnen war.

Solche Rechtsunsicherheiten bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen führen zu Diskussionen unter den Erben und schliesslich unvermeidlich zu Konflikten. Bereits errichtete letztwillige Verfügungen sind daher mit Blick auf die konkreten Revisionsbestimmungen zu überprüfen, und es ist, wenn nötig (und möglich) zu Lebzeiten Klarheit zu schaffen. 

Fazit

Die Revision der Pflichtteile gibt dem Erblasser mehr Planungsfreiheit und Flexibilität, um ihren individuellen Bedürfnissen besser Rechnung tragen zu können.

Es bleibt nun noch etwas Zeit vor Inkrafttreten des neuen Rechtes, um bestehende Nachlassplanungen auf das neue Recht hin zu überprüfen und so Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die Auslegung des Willens der Erblassers zu vermeiden und damit Klarheit zu schaffen.

 

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Autor: Michael Endres / 05. Mai 2021, 9:05