Nach einem sommerlich warmen Schultag verabredet sich Fabu mit seinen Klassenkollegen in der Badi. Als er mit seinen Kameraden den Eintritt bezahlt, wandert sein Blick über die Badegäste. Fabu traut seinen Augen nicht, da er unter den Badegästen Erika, seinen Schulschwarm, erblickt. Er ist schon seit Wochen in sie verliebt, traute sich jedoch noch nicht Erika anzusprechen. Da Fabu kein Junge grosser Worte ist, will er Erika imponieren, indem er einen Sprung vom Dreimeter wagt. Er klettert den Turm hinauf und hüpft besonders eindrucksvoll vom drei Meter hohen Sprungbrett kopfvoran ins Wasser. Tragischerweise stösst Fabu mit dem Kopf am Beckenboden an. Er erleidet eine schwere Hirnerschütterung, welche einen Spitalaufenthalt und Arztkosten nach sich zieht.
Die nach dem Unfall kontaktierten Eltern von Fabu sind schockiert und wollen, dass der Badieigentümer Berti für die Arztkosten aufkommt. Sie sind sich sicher, dass Berti haftet, da er ihrer Ansicht nach das Becken zu wenig tief bauen liess.
Der Sprungturm wird rechtlich als Werk betrachtet und fällt daher unter die Werkeigentümerhaftung nach Art. 58 OR. Hierbei muss der Eigentümer des Werkes, d.h. Berti, sicherstellen, dass das Werk mit Schutzvorkehrungen versehen ist, welche eine sichere Benutzung des Werkes gewährleisten. Ferner hat Fabu für die Badi Eintritt bezahlt, so dass Berti allenfalls auch aus Verletzung vertraglicher Pflichten haften könnte.
Ob die Eltern von Fabu beziehungsweise Fabu selber gegen den Badieigentümer Berti vertraglich oder ausservertraglich vorgehen können, hängt davon ab, ob Berti sein Schwimmbad genügend tief gebaut und er Schilder mit Angaben der Wassertiefe am Beckenrand angebracht hat. Berti haftet, wenn ihm diesbezüglich eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann. Eine Pflichtverletzung läge z.B. dann vor, wenn das Schwimmbad zu wenig tief für einen Dreimetersprungbrett ist. Nach den Bestimmungen der Sicherheitsempfehlung der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) soll bei einem Dreimetersprungbrett das Wasser mindestens 3.7 Meter tief sein. Bei einem Einmetersprungbrett muss das Schwimmbecken hingegen nur 3.4 Meter tief sein. Diese Sicherheitsempfehlungen sind zwar keine gesetzlichen Normen, dennoch kann sich Berti gemäss Bundesgericht gegenüber Fabu und seinen Eltern auf diese stützen. Solange das Schwimmbad von Berti die Mindesttiefe erreicht, kann er nicht zur Haftung herangezogen werden, obwohl ein Restrisiko für die Badegäste verbleibt, insbesondere wenn riskante Sprünge gewagt werden.
Auch im Falle eines Ausrutschens von Fabu in einer Wasserlache nahe dem Beckenrand haftet Berti nicht. Berti muss zwar grundsätzlich für die Sicherheit seiner Badegäste sorgen, allerdings ist der Badegast an die in der Badi geltende Badeordnung sowie die Anweisungen des Bademeisters gebunden. Ferner stellt eine Wasserlache rund um das Schwimmbecken in der Regel keinen Unterhaltsmangel und auch keine Pflichtverletzung des Badieigentümers dar. Fabu muss damit rechnen, dass beim Besuch der Badi Wasserpfützen rund ums Becken bestehen können und damit Rutschgefahr gegeben ist. Er ist diesbezüglich für seine Sicherheit selbst verantwortlich. Verletzt er sich, so kann er sich für die entstehenden Krankenkosten nicht an die Haftpflichtversicherung des Badieigentümers Berti wenden, sondern an seine eigene Unfallversicherung. Dies gilt auch bei geschlossenen Schwimmbädern.
(Vorstehende Ausführungen beziehen sich nur auf Frei-/Schwimmbäder.)
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Quellen: Richtlinien gemäss www.bfu.ch, BGE 116 II 422 und BGer 4A_359/2013 vom 13.01.2014
Autorin: Selina Büttiker / 31. Jul. 2019, 11:27