Das Alter eines Arbeitnehmers ist eine persönliche Eigenschaft aufgrund derer kein Arbeitnehmer gekündigt werden darf. Das gebietet der allgemeine Kündigungsschutz im Schweizer Arbeitsrecht (Art. 336 ff. OR). Doch es besteht kein besonderer Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer, wenn ihnen aus einem anderen, beispielsweise wirtschaftlichen oder verhaltensbedingten Grund, vom Arbeitgeber gekündigt wird. Der Nachweis des tatsächlichen Grundes, der zu einer Kündigung des Arbeitsvertrages führt, ist in der Regel aber schwierig zu erbringen.
Diese Schwierigkeit mag die Rechtsprechung des Bundesgerichts mit beeinflusst haben, als das Bundesgericht in verschiedenen Entscheiden die Rechte älterer Arbeitnehmer im Fall einer drohenden Kündigung gestärkt hat. Das Bundesgericht rückte dabei die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen älteren Arbeitnehmern in den Vordergrund.
Der Arbeitgeber ist gegenüber seinen Arbeitnehmern und unabhängig von deren Alter gemäss Art. 328 OR dazu verpflichtet, die Persönlichkeitsgüter des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber sich jedes durch den Arbeitsvertrag nicht gerechtfertigten Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers zu enthalten und diese Rechte seines Arbeitnehmers auch gegen Eingriffe von Vorgesetzten, Mitarbeitern oder Dritten zu schützen hat (BGer Urteil 4A_384/2014 vom 12.11.2014 E. 4.2.1.).
Insbesondere ältere Arbeitnehmer haben es statistisch gesehen schwerer nach einer Kündigung wieder eine gleichwertige Anstellung zu finden. Das Bundesgericht führt aus, dass diese Schlechterstellung der älteren Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt den Arbeitgeber zu einer erhöhten Fürsorgepflicht verpflichtet. Es ist eine Tendenz in der Gerichtspraxis erkennbar, wonach Arbeitnehmer ab dem 59. Altersjahr als «alt» oder «älter» gelten und als in erhöhtem Masse schutzbedürftig qualifiziert werden. Die Lehre empfiehlt das 55. Altersjahr als Richtwert. Es ist dann ein möglichst schonendes Verhalten geboten, das den Interessen des Arbeitnehmers Rechnung trägt. So wird vom Arbeitgeber eine Interessenabwägung verlangt, welche seinen Interessen an einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses das Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags des Arbeitnehmers gegenüberstellt.
Weiter ist gerade bei älteren Arbeitnehmern – insbesondere, wenn diese bereits einige Dienstjahre für den Arbeitgeber tätig gewesen sind – auch der Art und Weise der Kündigung besondere Beachtung zu schenken. Er hat namentlich Anspruch darauf, rechtzeitig über die beabsichtigte Kündigung informiert und angehört zu werden, und der Arbeitgeber ist verpflichtet, nach Lösungen zu suchen, welche – soweit es für den Arbeitgeber zumutbar ist – eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen.
Aus dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtes folgt aber kein absoluter Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer. Das Bundesgericht selber hält fest, dass ein solcher Schutz das Prinzip der Kündigungsfreiheit grundsätzlich in Frage stellen würde. Doch wird vom Arbeitgeber ein in erhöhtem Masse schonendes Vorgehen verlangt (BGer Urteil 4A_384/2014 vom 12.11.2014 E. 4.2.2; BGE 132 III 115 E. 5.4 S. 121 f.). Das Verhalten des Arbeitsgebers ist daher immer einzelfallbezogen und im Rahmen einer Gesamtwürdigung der jeweiligen Umstände zu prüfen (BGE 132 III 115 E. 2.5 S. 118).
Ignoriert der Arbeitgeber diese Pflichten, erfolgt die Kündigung womöglich missbräuchlich und berechtigt den Arbeitnehmer zu einer Entschädigung (Art. 336 ff. OR). Eine Verletzung des genannten Gebots der schonenden Rechtsausübung und das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden gegen das allgemeine Rechtsmissbrauchsverbot verstossen und erfüllen damit den Missbrauchstatbestand im Sinne des Art. 336 OR.
Ein solcher Schritt bedarf daher der gründlichen Vorbereitung und Planung. Wir empfehlen das vorgängige offene und von Respekt getragene Gespräch um eine den Umständen entsprechende Lösung zu finden.
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Autor: Christian Bernegger / 19. Juli 2021, 10:25