Die Digitalisierung vieler Lebensbereiche ist zwischenzeitlich auch Teil des Familienlebens geworden. Nahezu jede Familie unterhält einen mehr oder weniger grossen Familien- oder Freundeschat, nutzt Facebook sowie Instagram und postet dort bedenkenlos Bilder ihrer minderjährigen Kinder. Dies führt dazu, dass bereits 80% der Kinder, welche ihr zweites Lebensjahr noch nicht vollendet haben, einen digitalen Fussabdruck besitzen. Zurückzuführen ist dies auf das sog. «Sharenting», d.h. dem Teilen von Kinderbildern in grosser Zahl durch die Eltern in sozialen Netzwerken. Sharenting birgt jedoch diverse Risiken, welche Eltern sich vor jedem Post vergegenwärtigen sollten. Bilder im digitalen Raum sind grundsätzlich dauerhaft verfügbar und können weder definitiv gelöscht noch in deren Weiterverwendung kontrolliert werden. Eltern sollten deshalb den Willen des Kindes ebenso berücksichtigen, wie sich die Risiken der kommerziellen, zweckwidrigen und ggfs. sogar kriminellen Weiterverwendung der geposteten Kinderbilder durch Drittpersonen bewusst machen. Eltern müssen vor einem Post jeweils prüfen, was dem Willen des Kindes nicht nur aktuell, sondern auch für die Zukunft (d.h. im späteren jugendlichen Alter oder als Erwachsener) entspricht. Denn Kinder und Jugendliche haben meist eine andere Einstellung zur Privatsphäre und Veröffentlichung ihrer Bilder als ihre Eltern. Was Eltern lustig finden, kann bei Kindern oder im späteren jugendlichen Alter oft Schamgefühle auslösen und sie zu Mobbing-Opfern in Kindergarten oder Schule machen. Meist verkennen Eltern, dass Sharenting die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder verletzen kann. Der verfassungsrechtliche Schutz der Persönlichkeit des Einzelnen umfasst auch die persönliche Integrität, informationelle Selbstbestimmung und das Recht am eigenen Bild und somit auch die Entscheidungsfreiheit darüber, welche persönlichen Informationen und Bilder veröffentlicht bzw. Drittpersonen zugänglich gemacht werden. Das Persönlichkeitsrecht schützt alle natürlichen Personen, unabhängig ihres Alters. Dies führt zur Pflicht der Eltern, die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder zu wahren. Es genügt nicht, wenn Eltern ihre Kinder um Einwilligung zur Veröffentlichung eines Bildes fragen, da diese die Konsequenzen der Veröffentlichung oft noch nicht vollumfänglich abschätzen können. Ferner können aufgrund der technischen Komplexität und des mangelnden Fachwissens der genutzten Medien Eltern meist weder ihre Kinder entsprechend über die weitreichenden Folgen aufklären noch diese selbst ermessen.
Um das Risiko einer möglichen Persönlichkeitsrechtsverletzung ihrer Kinder von Anfang an zu vermeiden, ist Eltern zu empfehlen, grundsätzlich nur solche Kinderbilder zu veröffentlichen, auf denen das Kind nicht zu identifizieren ist.
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Quelle: Husi-Stämpfli /Jedelhauser; in Jusletter v. 29.04.2019: Alles für ein «like»: Sharenting vs. Kindeswohl
Autorin: Dominique Roggo / 9. Okt. 2019, 10:55