Die Wahlen stehen vor der Tür und an allen Ecken sind die Gesichter der politischen Zukunft der Schweiz zu sehen. Die politischen Wahlwerbeplakate schiessen regelrecht wie Pilze aus dem Boden. Doch was gilt es zu beachten, wenn ein Stockwerkeigentümer ein politisches Werbeplakat im Garten aufstellen will?

Wer Teil einer Stockwerkeigentümergemeinschaft ist, hat einen Anteil an einem Grundstück oder Gebäude erworben, ist somit Miteigentümer der gesamten Anlage. Gemeinsam mit dem Erwerb des Miteigentums erwirbt man ein Sonderrecht, welches zur ausschliesslichen Nutzung eines Teils der Anlage, beispielsweise einer Wohnung, berechtigt. Man kann diese Räumlichkeiten sodann frei und nach Belieben gestalten, solange der Rest des Gebäudes nicht verändert oder andere Stockwerkeigentümer geschädigt werden. Die restlichen Teile des Grundstücks oder Gebäudes wie Treppenhaus, Fassade, Aufzug, Garten oder Parkplätze stehen im gemeinschaftlichen Eigentum. An solchen gemeinschaftlichen Teilen können sogenannte Sondernutzungsrechte eingeräumt werden. So kann beispielsweise an einem Teil des Gartens ein alleiniges Nutzungsrecht zugestanden werden. Nur wie weit geht das alleinige Nutzungsrecht beim Garten? Darf man dort tun und lassen was man will? Die Begründung oder Abänderung eines Sondernutzungsrechts setzt laut Bundesgericht zwingend einen schriftlichen Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung voraus (BGE 127/2001 III 506). Neben der Zustimmung des Sondernutzungsberechtigten ist das doppelte Mehr nach Wertquoten und nach Köpfen vonnöten, somit die Zustimmung der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt sind. Grundsätzlich sollte der Umfang des Nutzungsrechtes, also die damit verbundenen Rechte und Pflichten, im Begründungsakt des Sondernutzungsrechts oder im Stockwerkreglement genau bestimmt werden. Gibt es eine solche Beschreibung nicht, werden die Rechte und Pflichten aus dem üblichen Zweck abgeleitet. Der Berechtigte hat somit im Fall der Gartennutzung lediglich das Recht, den Gartenanteil zu nutzen, er darf jedoch keine verändernden Massnahmen setzen, somit keine Blumenbeete anpflanzen, ein Gartenhäuschen aufstellen, den Rasen umgraben oder den Teil des Gartens einzäunen, um ihn so für andere unzugänglich zu machen. Verändert der Nutzungsberechtigte den Garten in einer unerlaubten Weise, kann die Gemeinschaft die Herstellung des ursprünglichen Zustandes auf Kosten des Nutzungsberechtigten verlangen. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann gegen jeden anderen Stockwerkeigentümer, welcher mit oder ohne Sondernutzungsrecht einen gemeinschaftlichen Teil übermässig nutzt, vorgehen. Hier kann die Eigentumsfreiheitsklage oder eine Besitzstörungsklage eingereicht werden. Legt ein Stockwerkeigentümer ein Verhalten an den Tag, welches ein Zusammenleben unzumutbar macht, kann er im Extremfall als ultima ratio auch aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft ausgeschlossen werden, was den Verkauf des Stockwerkeigentums zur Folge hat.

Fazit:
Vorab gilt es somit zu verifizieren, ob das Aufstellen von politischen Werbeplakaten laut Reglement oder Begründungsakt des Sondernutzungsrechts generell untersagt bzw. gestattet ist. Unserer Ansicht nach fällt das Aufstellen politischer Werbeplakate nicht unter den üblichen Zweck der Gartennutzung, sondern stellt vielmehr ein Sondernutzungsrecht dar, welches die schriftliche Zustimmung aller anderen Stockwerkeigentümer benötigt. Die Zustimmung ist somit entweder durch formellen Beschluss bei einer Stockwerkeigentümerversammlung oder mittels Zirkulationsbeschluss einzuholen. Beim Aufstellen politischer Werbeplakate muss neben der Zustimmung der anderen Stockwerkeigentümer zusätzlich beachtet werden, dass sowohl der Kanton als auch die Gemeinden Vorschriften erlassen können, welche das Aufstellen politischer Werbeplakate beschränken.

 

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Autorin: Theresa Stieger / 3. Okt. 2019, 11:00